Ali, die Wildpflanzen-Fee und das Essen aus dem Wald - Sendung: KOCHS ANDERS


Ali und das HR-Fernsehen bei uns zu Gast…. Hinter den Kulissen.


Erinnerungen von Uli Hergert (Fotos in meinem Text von Kersten Hergert)


ARD-Mediathek
https://www.ardmediathek.de/video/kochs-anders/ali-die-wildpflanzen-fee-und-das-essen-aus-dem-wald-s05-e09/hr-fernsehen/MjNiNjRkZjctZjcyYy00MDBmLThhNzctMzNhMzg5YjhjM2M4

Nun sind die 3 Tage mit dem HR-Fernsehen und Ali Güngörmüş schon vorüber. Ein Event, welches ich so schnell nicht vergessen werde.  

Als ich in einer Sendung „Kochs anders“ von Ali folgenden Satz hörte: „Ich koche lieber mit den herkömmlichen Kräutern“, beschloss ich mich zu bewerben, weil ich Ali zeigen wollte, was mit essbaren Wildpflanzen alles möglich sein kann.

Zwar dachte ich zuerst, die kommen ja eh nicht. Doch plötzlich ging alles sehr schnell.

Vom 23.7.2023 bis zum 25.7.2023 hatte ich das HR-Fernsehen zu Gast in unserem Haus und Garten.

Die Vorbereitungen waren spannend. Ich hoffte immer nur, dass MEIN Gemüse in Garten und Wald nach den so sehr trockenen Tagen ordentlich wachsen würde. In ausreichender Menge, dass es für mein und auch Alis Gericht reichen würde. Außerdem hat mein lieber Mann noch auf die Schnelle ein Podest in den Garten unter der Linde gebaut, damit wir dort am Tisch speisen könnten, ohne dass alles so schräg stehen würde, dass uns das Essen auf den Schoß rutscht.

Doch die Vorbereitungen liefen bestens. Alles wuchs – und das Podest wurde rechtzeitig fertig.

Die aufregenden Tage konnten kommen.

Am Sonntag, den 23. 7. kam das erste Fernsehteam aus Kassel angereist. Bernd, der Kameramann, Mark war für Licht und Drohne zuständig und Sebastian für Licht.

Alexander Stenzel, der Regisseur kam eine halbe Stunde später aus Frankfurt. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon im Garten die ersten Aufnahmen gemacht.

Ich besuchte gemeinsam mit Fleur, unserer Sheltie-Dame, meine Waldengelwurz im Garten, die sich dort von alleine angesiedelt hat.

Zudem bekam im Gemüsegarten der Hokkaido, den Ali zum Kochen benötigte, die letzte Fuhre Wasser.

Die Drohne umkreiste auch schon einmal mit Gebrumm das Haus.

Als Alexander eingetroffen war, haben wir uns auch gleich auf den Weg in den Wald, den sogenannten „Plätzer“ in Burghaun gemacht. Alexander – ein großer Tierliebhaber – fragte nach Fleur – aber die war zu diesem Zeitpunkt zuhause geblieben. So streifte ich alleine mit dem Korb durch den Wald, sammelte hier und da ein paar Wildpflanzen und naschte von den wilden Himbeeren, während die Drohne durch die Baumwipfel meinen Gang verfolgte.

Außerdem gab auch Bernd mir wieder Anweisungen, wohin ich gehen und wohin ich schauen sollte. Wie ich halt nun mal bin, musste ich mich erst daran gewöhnen, erst dann zu starten, wenn ich das Kommando dazu bekam. Aber Bernd schaffte es, mir das auf äußerst charmante Weise klarzumachen. Nach ein paar Anläufen klappte es ganz gut.

Nachdem wir im Wald waren, haben wir Bernhard und Fleur abgeholt und sind ins Dorf gefahren.

Vorerst ohne Fleur und Bernhard haben wir dort noch einige Aufnahmen hinter der Kirche an der Haune gemacht.

Das Wetter drohte schlechter zu werden. Wind kam auf. Wir sind zum Abschluss noch nach Hünfeld zum Turm Via Regia auf den Weinberg gefahren. Nun liefen Bernhard und Fleur mit mir. Auf dem Turm war arger Wind. Die Kamera wurde trotz Stativ noch von einer Zusatzperson gehalten, und trotzdem wackelte sie. Uns flatterten Hosen, Shirts und Haare. Langsam fing es an zu regnen.

Als wir zuhause angekommen waren, gab es erstmal eine Mittagspause. Ich hatte für alle drei Tage wilde Kost für die „Mannschaft vom Team“ vorbereitet. Am ersten Tag gab es Brennnessel-Käsespätzle.

Da eine Person weniger angekündigt war, hätte es fast etwas mehr sein können.

Doch 2 wilde Kuchen gab es ja auch noch, so dass hoffentlich alle trotzdem satt wurden. Es gab einen Marmor-Sandkuchen mit Brennnessel – und ein Blechkuchen mit Linde und Walnüssen.

Gestärkt ging es weiter mit den Dreharbeiten. Während die Aufnahmen in der Natur ohne gesprochene Texte gedreht wurden, wurden nun O-Töne aufgenommen. O-Töne, so wurde mir erklärt, sind die sogenannten Originaltöne. Mir wurden nun Fragen gestellt, die ich so beantworten sollte, dass die Frage dazu nicht mehr nötig war.

Diese Antworten sollen dann mit den Naturaufnahmen kombiniert werden.

Die Zeit verflog rasch. Der erste Tag war geschafft. Ich kann nicht behaupten, dass dieser Tag sehr anstrengend war. Ich habe einfach das gemacht, was der „Chef“ sich ausgedacht hat. ….

 

Am Montag konnte ich alles vorerst gemütlich angehen. Aufgestanden bin ich wie immer um kurz vor 6. Als Bernhard an die Arbeit ging, lief ich mit Fleur und bereitete in Ruhe alles vor, was ich dachte, brauchen zu müssen.

Außerdem habe ich den Teig für das Baguette angesetzt, die Orangen gepresst und viele Kleinigkeiten erledig. Um 10 Uhr hatte sich das HR-Team angemeldet. Um 9.15 Uhr standen sie vor der Tür. Ha haaaa !…. Ich war noch nicht umgezogen, aber das war auch noch nicht nötig.

Die fleißigen Mitarbeiter vom Team bereiteten das Licht vor, die Kameraeinstellungen, und keine Ahnung, was nicht noch alles. Es gab für sie viel zu tun…. Vorerst. Das 2. Fernsehteam aus Kassel war mittlerweile auch angereist. Noch ein Kameramann, George; ein Mann für den Ton, Marc, und Svenja der Produzentin – sie war sozusagen „die Frau für Alles“.

Ali sollte eigentlich um 13 Uhr in Fulda mit dem Zug anreisen. Irgendwann kam aber die Nachricht, dass sein Zug komplett ausgefallen ist und er erst nach 15 Uhr anreisen würde.

Für die Mittagspause der beiden Teams hatte ich an diesem Tag einen wilden Kartoffelsalat mit Franzosenkraut und roter Melde vorbereitet.

Dazu gab es Geflügel-Käse-Krakauer.

Außerdem durften sie vom frischen Rote-Melde-Spitzahorn-Baguette mit Wildpflanzenbutter kosten.

 

Schließlich kam Ali endlich um 15.33 Uhr in Fulda an und wurde dort von Svenja in Empfang genommen. Kersten, unser Sohn war mit unterwegs, damit sie möglichst zügig den Weg nach Burghaun auf den Marktplatz finden, um Alis Ankunft im Ort zu filmen.

Es war schließlich 17 Uhr, als Ali bei uns zuhause eintraf. Das Wetter hatte sich soweit verschlechtert, dass das Gewitter kurz bevorstand. Ein Empfang mit dem Begrüßungssnack vor der Haustür war nicht mehr möglich. Wir mussten das nach drinnen in meine „Schatzkammer“ verlegen.

 

Der kleinste Raum im Haus kam nun ganz groß heraus. Zwischen Gästebett und Vorratsregal sollte sich nun die ganze Begrüßung abspielen. Das hatte ich nicht vermutet, als ich beim ersten Besuch kurz das kleine Zimmerchen zeigte…..  Ich bin aber davon überzeugt, dass die Fachleute mit ihrer Professionalität und den vielen Lichtern für die Gestaltung alles aufs Beste aufgenommen haben. Ali wusste NICHT, was auf ihn zukam, bzw. was ihn bei mir erwartete. Alles was er wusste war, dass wir uns in der Natur aufhalten würden.

Ich habe Ali also nur vor der Haustür in Empfang genommen. Er kam die Treppe herauf, während ich an der Haustüre auf ihn wartete. Er trat um die Ecke, hatte sein strahlendes Lächeln im Gesicht und mit seinem typisch zwinkernden Auge begrüßte er mich aus der Ferne. Wir gingen aufeinander zu und umarmten uns. Er überreichte mir ein Buch von ihm, was ich zum Glück noch nicht hatte. Ich habe mich SO SEHR darüber gefreut. Mit nur einem kurzen Wortwechsel sollte ich ihn in meine sogenannte Schatzkammer bringen.

Weil die Kameraeinstellungen samt Licht nun verändert werden mussten, standen wir einen Moment vor der Haustür und redeten ein bisschen miteinander. Das sollten wir aber gar nicht tun, weil das wiederum dann bei den ersten Aufnahmen im Zimmer fehlen würde. Wir haben es FAST geschafft, uns daran zu halten.

Am Ende des Tages war allerdings meine Vermutung, dass Bernhard und Kersten sich mehr mit Ali in den Pausen privat unterhalten konnten, als ich, weil ich entweder vor der Kamera -, oder aber mit Aufräumarbeiten in der Küche beschäftigt war….  Am nächsten Tag kam aber schon noch Zeit dazu, wo ich mich mit ihm gut unterhalten konnte. Dazu später mehr.

Da standen wir nun zwischen dem Gästebett und einem vollgefüllten Vorratsregal. Auf dem Bett war mein Steinzeitbrett aufgebaut mit Wurzeln, Blüten, Samen, Wildpflanzen, frischen und getrockneten Früchten – natürlich wild – sowie Nüssen. Ali konnte kosten, wie die Menschen vor 2,7 Millionen Jahren ihre Nahrung zu sich nahmen.

Aus der heutigen Zeit hatte ich aber auch etwas für ihn vorbereitet.

Es gab zum Snacken das bunte Baguette, frisch aus dem Backofen mit Wildpflanzenbutter,

dazu Giersch-Frischkäsekugeln mit schwarzen Nüssen und Tomaten aus dem Garten auf Schafskäse mit wilder Balsamico-Creme und eingelegten süßsauren Löwenzahnknospen.

Als Getränk gab es einen alkoholfreien, eisgekühlten Bitterino-Cocktail mit Eberesche, Holunder, Schafgarbe, Waldengelwurz und Beifuß.

Während Ali von allem – sichtlich genussvoll –  kostete, unterhielten wir uns über die Wildpflanzen und Vorräte in meinem Regal, die er neugierig begutachtete.

Danach ging es dann in die Küche. Meine Küche ist lang und schmal. Einiges musste in der Vorbereitung umgebaut werden, damit es zum Filmen auch gute Ansichten gab. Für die „Werkenden am Herd“, sprich Uli und Ali, alles beengender und schwieriger. Aber auch für das Filmteam eine Herausforderung.

Übrigens bin ich im Sommer fast immer und überall in Haus und Garten barfuß unterwegs…. Ali hatte am ersten Tag noch seine Schuhe an.

Ich wollte für Ali eine Wildpflanzenlasagne bereiten aus selbstgemachten Nudelblättern mit Lindenlaubmehl und drei verschiedenen Soßen. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass Lasagne nicht zu Alis Lieblingsgerichten zählt. Das war wohl auch gut so. Zuallererst knetete ich den Teig für die Platten aus Mehl, Gries, Lindenlaub, Wasser und Löwenzahnsalz. Der Teig durfte bei Zimmertemperatur ruhen.

Während der Teig-Ruhephase ging es an die 3 „Soßen“.  Eine grüne Schicht mit Zwiebeln, Knoblauch, Bohnen aus dem Garten, Wiesenbärenklau, einer Prise wilde Möhre-Samen, Frischkäse und Schafskäse. Die orangefarbene Schicht bestand aus roten Zwiebeln, einem Hokkaido ebenfalls aus meinem Garten, Blattpulver der roten Melde, Hagebuttenmus, Muskat, und meiner selbstgemachten wilden Balsamico-Creme. Dritte Schicht war die helle, relativ gewollt-flüssige Bechamelsoße.

Ali hat mir super in der Küche geholfen, ohne ihn hätte ich viel länger für die Zubereitung gebraucht. Da er sonst immer Zwiebeln schälen und schneiden muss, habe ich das selbst gemacht. Ich habe ja auch gute Messer und schließlich hat mir das mein Bruder Tom, der gelernter Koch ist, schon in Teenager-Jahren beigebracht.  Ali durfte die Bohnen putzen und den Hokkaido in Würfel schneiden.

Beim Kochen fürs Fernsehen ist alles anders als normal…. Immer wieder Pausen. Nochmal umrühren. NEIN… nicht zu früh in den Topf geben, erst noch eine Slow-Motion. Hier nochmal von oben das Salz rieseln lassen. Natürlich Gemüse waschen mit viel spritzen…. 

Verschiedene Kameraeinstellungen, Objektive wechseln, Licht nachrücken. Keine Schatten machen…..  Ich fand dies alles relativ amüsant, wobei ich hoffte, die Lasagne schmeckt auch noch nach anderen Garzeiten als ich sie üblicherweise habe.

Witzig und nett fand ich Alis Ausruf: „Du kochst ja noch mit RICHTIGEN Gewürzen!“ (Ich habe insgesamt nur mein Löwenzahnsalz, meine wilde Gemüsebrühe, Pfeffer, wilde-Möhre-Samen und Muskatnuss verwendet, zudem wilde Essige und wilde Öle)

Nachdem ich meine erste Lasagneplatte mit meiner Hand-Kurbel-Maschine ausgeleiert hatte, hat auch das Ausleiern der Ali übernommen und ich konnte die Platten sofort in die 1-Personen-Förmchen mit den Soßen schichten. Das ging zügig voran. Wenn ich das für uns privat mache, geschieht das in der Regel in aller Gemütlichkeit und meine Lasagneplatten sehen immer sehr ordentlich aus. Ich mache das auch nur an kinderfreien Tagen, ganz ohne Stress. Ali lachte und kurbelte auf Teufel-komm-raus in einer Geschwindigkeit, dass ich staunte.

Er meinte, in der Profi-Gastronomie arbeitet man nicht mit solchen Geräten.

Die Lasagne wurde nun noch mit Schafskäse im Backofen überbacken. Etwa eine halbe Stunde hatte ich Zeit, um die Soße für den Wildpflanzensalat zuzubereiten, Salat zu waschen und hübsch anzurichten.

Meine Salatsoße bestand aus selbstgemachter wilder Gemüsebrühe, natürlich aus selbstgepresstem Walnussöl, Giersch-Essig, Löwenzahnsalz und Pfeffer sowie etwas Apfeldicksaft für die süße Komponente.

Während ich meine Salatsoße kostete, dachte ich für mich selbst, dass das Walnussöl ziemlich „heftig“ schmeckt und hatte Bedenken, dass Ali die Soße nicht schmecken würde… Ich hatte nun die Wahl, mein kostbares Öl samt restlicher Soße entweder wegzuschütten ODER mir nichts anmerken zu lassen. Ich entschied mich für die zweite Variante, OBWOHL das riskant war.

Ali wusch den Salat. Einem Wildpflanzenanfänger wie er es ist, kann man keinen puren Salat aus NUR Wildpflanzen vorsetzen. Das würde sein Magen-Darm-Trakt nicht verkraften. Also hatte ich verschiedene Pflücksalate aus dem Garten geholt und ebenso verschiedene Wildpflanzen: Schafgarbe, Franzosenkraut, 3 verschiedene Melden (grün, rot und magentafarben), Nachtkerzenblüten und Knospen, wilde Möhre, Breitwegerich. Aber alles nur in dezentem Maße. Der Kultursalat wurde zerpflückt, die zarten Wildpflanzen habe ich im Ganzen untergemischt, die etwas Härteren in der Haptik habe ich für Alis zarten Gaumen ziemlich klein geschnitten und untergemengt. Er meinte zwar, ich bräuchte das nicht, aber sicher war sicher.

Alles wurde mit der Soße vermengt, in Schälchen verteilt und mit essbaren Blüten, Walnüssen und Waldhimbeeren verziert.

Essen fertig! …. Aber es kam nicht sofort auf den Tisch. Erst musste noch ein „Beauty-Shot“ gemacht werden fürs Fernsehen.

Meine Lasagne hielt ja zum Glück lange die Temperatur und die Pause bis zum Essen hat dem Geschmack keinen Abbruch getan.

Bernhard und Kersten saßen bereits im Esszimmer am Tisch und hatten auch schon meine Wald-und-Wiesen-Limonade in die Gläser verteilt und warteten auf die Dinge, die da kommen. Es konnte angerichtet werden und wir begannen zu essen.

Ich habe ja VERMUTET, dass Ali nur wenig von der Lasagne essen würde. Aber er hat tatsächlich mehr als 2/3 des Schälchens leer gegessen. Er hat sogar mit Lasagne die Salatsoße aus dem Schälchen ausgetunkt. Ich habe ihn dann gefragt, ob ihm das Walnussöl in der Salatsoße nicht „zu heftig“ vom Geschmack war.

Daraufhin drehte Ali die Salatschüssel zu mir um und meinte, es war so HEFTIG, dass er die ganze Soße ausgetunkt hat.

Kersten hat mir später erzählt, dass Ali sogar noch mit der Gabel in sein Salatschüsselchen gekiekt – und von ihm Salat stibitzt hat. Das war ja wie bei meinen Tageskindern….  Da werden auch die besten Bissen vom Nachbarn geklaut.

Am Tisch wurden noch O-Töne von den Männern aufgenommen und damit war der Dreh für diesen Tag beendet. Als alle das Haus verlassen hatten war es 20.15 Uhr.

Für mich gab es schließlich am Abend noch Aufräumarbeiten, bei denen auch Bernhard mithalf und die Vorbereitungen der Mittagspause für das Team am nächsten Tag. Das war aber sprichwörtlich nur noch halb so „wild“ und relativ rasch erledig.

In der Nacht auf Dienstag begann mein Husten. Ein altes Leiden. Wenn ich Husten bekomme, dann bellte ich immer gleich ziemlich arg und es schlägt mir auf die Bronchien. Doch ging es mir am Dienstag noch relativ gut, als das Team mit Ali um 10 Uhr wieder vor der Tür stand, um mich abzuholen. Wir wollten an dem Tag gemeinsam den Wald unsicher machen. Für mich war das fast der schönste Part, denn hier war ich in meinem persönlichen Element.

Zuvor hatte Alexander noch angerufen, ob ich für Ali Gummistiefel hätte für den Wald, da er nur seine schicken Schuhe dabeihatte. Gummistiefel konnte ich ihm zwar nicht anbieten, aber von Bernhard ein paar Wanderschuhe – 2 Nummern zu groß.

 

In meinem Korb hatte ich 2 Regenschirme. zudem Anschauungsmaterial verschiedener Blätter von feingefiederten Doldenblütlern (Kulturmöhre, wilde Möhre, Kerbel, Kälberkropf…. ) und Kostproben der kandierten Waldengelwurz.  

Im Wald angekommen regnete es anfangs nur leicht. Diesmal war Fleur auch gleich mit im Gepäck. Meist lief sie brav neben mir bei Fuß.

Ali war sehr interessiert und hatte seinen offenen Blick, lachte und fragte viel. Ich glaube, es hat ihn schon alles sehr beeindruckt, was ich ihm im Wald erzählen konnte, wobei sicher nicht alles im Film verwendet werden kann, weil es viel zu viel an Hintergrundwissen war.

Doch fand ich es wichtig, dass ich es ihm einfach erzählen KONNTE und er ein aufmerksamer Zuhörer war.

Der Regen wurde stärker und wir mussten schließlich die Schirme aufspannen.

Wenn ich mich RICHTIG erinnere, dann hatten wir insgesamt 3 Schirme mit im Wald – und waren 8 Personen. So kann man auch schlussfolgern, dass einige richtig nass wurden. Dem armen Alexander waren die Haare jedenfalls RICHTIG nass und die Regentropfen rannen seine Nase hinunter.

(Zuhause habe ich allen erst einmal eine Runde Handtücher spendiert.)

Ali zeigte ich auf jeden Fall eine ausgewachsene Pflanze vom Wiesenbärenklau. Er entdeckte Brombeeren, interessierte sich für die Disteln und Kletten. Ich konnte die Brennnessel ansprechen und wir sprachen über den Geschmack von jungen Fichtenspitzen, die er selbst schon mal kosten konnte und begeistert war.

Dann gingen wir auf eine offene Waldwiese um dort junge Blätter vom Wiesenbärenklau zu sammeln, die Ali in seinem Gericht verwenden sollte.

Das JUNGE GEMÜSE war sowas wie ein Runnig-Gag, der uns beide Tage fortwährend begleitete.

Als wir wieder zuhause angekommen sind, haben wir sogleich im Garten immer noch im Regen schnell unseren jungen Hokkaido geerntet und einige Buschbohnen. Meinen Garten finde ich in seiner bunten Vielfalt in diesem Jahr einfach wunderschön. Wenn auch nur eine kurze Sequenz zu sehen sein wird, so hoffe ich, dass man die Schönheit trotzdem im Film einfangen kann.

An diesem Tag stand Ali in seinen Socken in meiner Küche. Wären wir mehr Tage miteinander in der Küche gewesen, hätte ich ihn sicher noch dazu gebracht, auch barfuß zu laufen.

Nun ging es an den Herd. Ich war fast die ganze Zeit mit Ali in der Küche und konnte ihm auch etwas zur Hand gehen. Wenn ich ihn fragte, ob ich ihn mal alleine lassen sollte, antwortete er immer wieder: „Ich brauche dich gleich wieder für….“ Also blieb ich GERNE. Es war toll ihm über die Schulter zu sehen. Ein Profikoch macht manche Handgriffe einfach anders als eine einfache Hausfrau.

Zuerst hat er selbst Lindenlaub hergestellt mit meinen getrockneten Blättern. Damit hat er Crêpes gebacken. Allein seine Art, den Teig zu rühren werde ich mir merken.

Ebenso wie er den Teig in der Pfanne hauchdünn ausbreitet werde ich in Erinnerung behalten und ab sofort ebenso handhaben. Nun weiß ich auch, warum mir das vorher oft nicht gut gelungen ist und ich so selten Crêpes herstellte.  

Den Hokkaiodo hat er mit Zwiebeln, Knoblauch und Linsen in der Pfanne weich gegart, immer wieder gerührt, bis es eine cremige Masse war.

Einen Teil der Masse hat er in der Küchenmaschine mit meinem Walnussöl und den Blättern vom Wiesenbärenklau fein püriert. Die Stängel des Wiesenbärenklaus hat er nicht verwendet, das hat er sich nicht getraut. Hätte er aber in der Tat tun können, denn die werden auch ganz zart. In der Regel nutze ich die Stängel sogar lieber als die Blätter vom Wiesenbärenklau.

Die Masse hat er nun auf ein Backpapier gestrichen. Dazu wollte er eine Winkelpalette nutzen. Ganz zu schweigen davon, dass ich keine hatte, wusste ich noch nicht einmal, was eine Winkelpalette ist. Er hat dann einen Teigschaber benutzt, die ich zum Kuchenbacken verwende. Das hat auch funktioniert. Diese Masse wurde nun im Backofen bei 120°C getrocknet. Daraus wollte er Chips herstellen. Er war nicht zu jedem Zeitpunkt mit den Chips zufrieden. Sie sollten für ihn eigentlich anders aussehen. Beim Trocken sind sie gebrochen, das wollte er nicht. Aber sie bekamen eine geniale Struktur. Später schauten wir uns sein Kunstwerk auf dem Backblech an und meinten, es sähe aus wie der Wald, in dem wir am Morgen spazieren gegangen sind – und DIESEN langen Weg sind wir zusammen entlanggelaufen.

Mit den roten Zwiebeln und Hagebuttenmus, sowie meiner wilden Balsamicocreme und dem Blattpulver der roten Melde hat er ein wirklich köstliches Zwiebel-Confit hergestellt.

Nun wurde die Hokkaidocreme in die Crêpes eingewickelt und diese in eine schöne Form geschnitten, schließlich auf dem Backblech mit gehobeltem Schafskäse angerichtet. Später sollten diese nochmal kurz in den Backofen.

Hin und wieder hatte ich das Gefühl, dass Ali alles gerne zügiger zubereitet hätte, fließender. Manche Dinge muss man für die Kameras immer wiederholen und alles wird verzögert, was ohne Kamera natürlich viel schneller geht. Noch einmal das Objektiv wechseln. Noch einmal Slow-Motion…. Er kennt das Prozedere ja seit einigen Jahren. Kochen fürs Fernsehen ist halt anders.

JETZT war die Zeit gekommen für eine Pause für das Team.

Irgendwann um die Mittagszeit kam auch noch Frau Mosler vom HR4-Radio, um Ali und mich zu interviewen. Sie war schon letzten Dezember mein Gast und es gab damals einen 3-Minuten-Bericht im Radio über die essbaren Wildpflanzen. Nun wird zeitnah zum Film erneut ein kurzer Bericht im Radio erscheinen.

Mein wildes Chili mit Franzosenkraut und Giersch für das Team habe ich irgendwann zwischenzeitlich zu meiner Mutter in die Küche gebracht und sie gebeten, aufzupassen, dass es warm wird, aber nichts anbrennt. Sie hat super drauf aufgepasst.

Dazu gab es Brennnesselcouscous mit wilder Gemüsebrühe. Dieses war ruckzuck fertig.

Die Rückmeldungen zum Essen waren stets positiv und es wurde sich immer herzlich bedankt. Die 2 Kuchen waren auch fast restlos aufgegessen.

Nach der Pause hat Ali die Bohnen zubereitet. Diese waren ganz schräg geschnitten. Ich habe nun auch verstanden, WARUM man sie schräg schneidet. Ali erklärte, wenn man Bohnen auf einem Markt kauft, sind sie ja nicht immer so frisch und zart wie meine aus dem Garten, sondern können schon etwas holzig sein.

Durch den schrägen Anschnitt wird die Zellstruktur verändert und man merkt das Holzige dann nicht mehr.  Früher dachte ich als Kind, das machen die „alten Omas“ aus dem Grund, weil es einfach nett aussieht. Aber eigentlich ließen sie die Bohnen immer relativ lange am Strauch um möglichst eine große Ernte und volle Töpfe zu haben. Dann können die Bohnen aber auch schon mal holzig werden. Mein Bruder hat mir das später mit einem Beispiel erklärt: Wenn ich einen Bindfaden in den Mund stecke um ihn zu kauen, werde ich ihn nicht hinunter bekommen. Wenn ich ihn aber in kleine Stücke schneide, schmeckt er zwar nicht besser, aber wird essbar.

Bei meinen Bohnen war das natürlich nicht nötig, denn sie waren jung und frisch vom Strauch.

Die Bohnen hat Ali in der Pfanne mit meinen wilden Gewürzen gegart und geschwenkt.

Das hat mich besonders stolz gemacht, dass Ali MEINE Vorräte genutzt hat und sie zum Kochen verwendete.

Die Crêpes kamen nun zum Überbacken noch einmal in den Backofen.

Auf einem großen weißen Teller hat Ali angerichtet. Zuerst die Bohnen. Drauf die gefüllten Crêpes. Oben das Zwiebelconfit drüber und mit den zerbrochenen Chips verziert. Der Teller wurde mit Staub von den getrockneten Rote-Melde-Blättern und Lindenlaub überpudert. Das Gericht wurde zu einem Bild und schmeckte wie ein Gedicht. Bevor wir allerdings kosten konnten wurde wieder erst ein Beauty-Shot gemacht. Der erste Teller, den Ali anrichtete, benutzte er selbst.

Es schmeckte hervorragend! Meine Männer waren wirklich begeistert. Und da sind sie auch sehr ehrlich, wenn sie das aussprechen. Ich selbst fand auch, dass Ali es hervorragend gemeistert hat, mit einer ihm fremden Materie zu kochen. Es waren ja für ihn alles andere als gewöhnliche Zutaten.

Das Gericht wurde zum Gedicht. Und man sieht beim Anrichten einfach, dass Ali ein Meister in seinem Fach ist. Eigentlich könnte Ali ganz sicher auch fotografieren, denn er weiß, wie man ein schönes Bild erstellt. Es heißt ja nicht umsonst, dass das Auge mitisst.

 

Bei meiner Lasagne gab es da nicht so viel zum schön Dekorieren. Mein Bruder hat mir im Voraus schon eingeschärft, dass im besten Fall die gesamte Dekoration mitgegessen werden sollte. Und wenn ich ehrlich bin, hätte ich zum Schluss nochmal raus in den nassen Garten müssen, um etwas Grünes auf die Lasagne zu bringen. Allerdings hoffe ich, dass ich das mit der Salatdekoration wettmachen konnte.

Ali bekam noch ein kleines Präsent von mir überreicht: ein Körbchen mit selbstgemachten Köstlichkeiten. Eine Erinnerung an seine WILDE ZEIT in Burghaun.

Während des Essens wurden auch wieder O-Töne aufgenommen, von Bernhard und Kersten. Ich fand es schön, was sie sagten. Und ich hoffe, es hat auch Ali stolz gemacht, wie sie über sein Essen urteilten.

Nun war es FAST vorbei, das große Event, auf das ich hingefiebert habe.  (Na ja… eigentlich habe ich erst danach gefiebert – aber das ist eine andere Geschichte.)

Ali musste nun auch noch einmal O-Tönchen abgeben, die sollte ich aber nicht hören – und danach waren meine Töne dran. Ich weiß nicht mehr, was ich alles gesagt habe… Aber es wird ja bald im Film zu hören sein. Und auf Alis Töne bin ich besonders gespannt. Ich habe so was anklingen hören, dass er sich manchmal wie ein Lehrling vorkam -…..  Das kann ich mir aber gar nicht vorstellen. Ich koche ja schließlich auch nur mit Gemüse…..

Zum Abschluss bekam jeder vom Team auch noch eine kleine Erinnerung. Ein Fläschchen bitteren Wildpflanzenlikör und in einem Gläschen verschiedenfarbige bunte Salze aufgeschichtet.

Ich habe ja echt noch einen Bock gerissen zum Schluss.

Bernd kam in die Küche und fragte mich, wie er das Salz nutzen könnte. Es wäre doch viel zu schade um es ins Nudelwasser zu geben. Ich antwortete ihm, er könnte es sich auch auf seine Eier streuen. (Schon wenn ich das aufschreibe muss ich wieder lachen…. ) Beim Aussprechen habe ich gemerkt, wie zweideutig das war, was ich gesagt habe….

Bernhard stand im Esszimmer und hörte das und musste sich das Prusten verkneifen. Bernd – so nett wie er war – hat es gekonnt überhört und meinte: „Oder aufs Butterbrot“…. Ja, oder so!!!!

 

Und auf einmal waren sie alle wieder weg. Sämtliche Kameras, Stative, Lichter, Taschen und Laptops…. Und die vielen netten Menschen.

 

Mein besonderer Dank geht natürlich zum einen an meinen Mann Bernhard, der sich trotz der schwierigen herausfordernden Zeit an der Arbeit die Nachmittage freischaufeln konnte, um beim Dreh dabei zu sein – und mich bei ALLEM im Vor- und Nachhinein zu unterstützen, bei all meinen verrückten Ideen.

Zum anderen geht mein Dank auch an unseren Jüngsten Sohn Kersten, der sich die zwei Tage Urlaub genommen hat und bei Vielem mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Ohne ihn wäre alles schwieriger gewesen – nicht nur für mich.

 

Danke an das komplette Team vom HR-Fernsehen. Sie waren uns sehr angenehme Gäste. Kersten hatte vorher mal zu mir gesagt: „Also ich würde mir nicht freiwillig Leute vom Fernsehen in die Wohnung holen. Die verwüsten alles….“  Nein, so schlimm waren sie gar nicht!!! Völlig harmlos. Ich habe mich nur gewundert, was meine kleine Pfanne oben auf dem Küchenschrank macht. Aber die wurde für eine Lampe gebraucht.

Danke an Alexander Stenzel! Vor ihm hatte ich anfangs, bevor der Dreh losging, schon leichte „Angst“… Er war so geschäftsmäßig – voll in seiner Welt und mit allem darauf bedacht, dass alles zu jeder Zeit ein gutes Bild gibt. Aber meine Angst vor ihm hat sich schnell gelegt. 

Zudem ein Dankeschön an Bettina Schrauf, die als Erste meine Bewerbung gelesen hat und alles in die Wege geleitet hat. Ihr allererster Besuch hat mir im Vorhinein sehr viel Freude bereitet. Ohne sie hätte der Dreh sicher nicht stattgefunden.

 

Danke Danke Danke….

Und ALI – Die letzten werden die Ersten sein. Ja, Danke natürlich an Ali mit seinem Zwinkern und Lachen und offenen Augen.

Alles was bleibt….. Geschenke und kostbare Erinnerungen!

 

 

 

              Ulrike Hergert, Burghaun am 28.7.2023

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